Kreuzzüge und Kreuzfahrer

Kreuzzüge und Kreuzfahrer
Kreuzzüge und Kreuzfahrer
 
In seiner Rede auf der Synode von Clermont hatte Papst Urban II. zwar unterschiedslos Arme und Reiche zum Kreuzzug gegen die Ungläubigen aufgerufen; in der Praxis wandte er sich jedoch vor allem an die französischsprachige Ritterschaft. Neben den Rittern erfasste die Bewegung breite Volksmassen, die schon bald als undisziplinierte Haufen das Land in Richtung Osten durchquerten und deren fanatischer Hass sich zunächst gegen die heimischen Nichtchristen, die Juden, richtete, sodass die Anfänge der Kreuzzugsbewegung zugleich von den ersten schweren Judenpogromen des Mittelalters begleitet wurden.
 
Die Ritterheere, die 1096 aufgebrochen waren, eroberten 1099 nach einem furchtbaren Blutbad unter der Bevölkerung Jerusalem und errichteten dort - wie auch in Edessa, Tiberias, Antiochia und Tripolis - eigene Herrschaften, unter denen das Königreich Jerusalem eine Führungsrolle einnahm. Für das Überleben dieser Kreuzfahrerstaaten inmitten einer feindlichen Umgebung war es von elementarer Bedeutung, dass die Verbindung zum abendländischen Europa nicht abbrach, schon weil man dringend auf die stetig nachströmenden Kreuzfahrerkontingente angewiesen war. Diese Verbindung war jedoch nur auf dem Seeweg aufrechtzuerhalten, wozu man die italienischen Seestädte (Pisa, Venedig, Genua) mit ihren Flottenkapazitäten benötigte, die sich allerdings ihr Engagement durch Sonderprivilegien teuer bezahlen ließen.
 
Die dauernde Gefährdung der Kreuzfahrerstaaten durch die islamischen Nachbarherrschaften löste in der Folgezeit weitere Kreuzzüge aus. So rief Papst Eugen III. unter dem Eindruck des Falls von Edessa (1114/45) - unterstützt von den Predigten des Zisterzienserabtes Bernhard von Clairvaux - zu einem 2. Kreuzzug (1147-49) auf, an dem auch der deutsche König Konrad III. teilnahm; das Unternehmen endete jedoch ohne greifbaren Erfolg.
 
Die Einigung der islamischen Herrschaften, das Ausscheren des Byzantinischen Reiches unter Andronikos I. Komnenos aus dem engen Bündnis mit den Kreuzfahrerstaaten (1185) sowie innere Auseinandersetzungen im Königreich Jerusalem ermöglichten es Sultan Saladin, 1187 Jerusalem zu erobern und die Kreuzfahrerherrschaft auf wenige Burgen im Norden sowie die drei Küstenstädte Antiochia, Tripolis und Tyrus zurückzudrängen. Der durch diese Katastrophe ausgelöste 3. Kreuzzug unter Führung des deutschen Kaisers Friedrich Barbarossa drohte nach dem Tode des Kaisers in der Osttürkei (1190) kläglich zu scheitern, doch gelang es unter Führung des englischen Königs Richard Löwenherz wenigstens, Saladin zu einem Abkommen zu zwingen, das den Restbestand der Kreuzfahrerherrschaft garantierte und Zugeständnisse für den Pilgerverkehr enthielt (1192).
 
Die Kreuzzüge des 13. Jahrhunderts lassen erkennen, dass die Kreuzzugsidee in zunehmendem Maße unter den Einfluss politischer Sonderinteressen geriet und - wie im Falle des berüchtigten 4. Kreuzzuges - geradezu pervertiert wurde. Mit dem Fall Akkons (1291) wurde die Kreuzfahrerherrschaft im Heiligen Land beendet, wenn auch in Europa immer wieder zur Rückeroberung der verlorenen Gebiete aufgerufen wurde.

Universal-Lexikon. 2012.

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